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Gewässernachbarschaftstag: Pflicht zur Baumkontrolle

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"Verkehrssicherungspflicht an Bäumen" – Das klingt nach einem sehr trockenen und sehr theoretischen Thema. Doch das ist es keineswegs, wie Bernd Walser vom Freiburger Regierungspräsidium mit seinem Vortrag beim Gewässernachbarschaftstag der Region Donau-Riß-Schussen in Ertingen bewies.

Überall dort, wo Bäume stehen, können Unfälle passieren. Ganz besonders dann, wenn Geh- und Radwege an ihnen vorbeiführen oder sich Parkplätze unter ihnen befinden. Wird jemand verletzt, wird schnell die Frage nach den Verantwortlichen laut. Inwiefern jedoch Gemeinden die Sicherheit gewährleisten müssen, ist eine komplizierte Frage. Denn die "Verkehrssicherungspflicht" – so lautet der Fachbegriff – ist kein gesetzlich definierter Rechtsbegriff. Welche Anforderungen erfüllt werden müssen, ergibt sich in der Regel aus Gerichtsurteilen.

Das macht den Mitarbeitern der Bauhöfe die Arbeit schwer. Was dürfen sie machen, was müssen sie machen und was wäre zu viel des Guten? Einer, der sich damit bestens auskennt, ist Bernd Walser von der Umweltabteilung des Freiburger Regierungspräsidiums. Auf Wunsch vieler Bauhofmitarbeiter hat der Wasserwirtschaftsverband Baden-Württemberg das Thema auf die Tagesordnung des Gewässernachbarschaftstages gesetzt und Walser als Experten eingeladen.

Grundsätzlich gelte, dass die Gemeinden dafür sorgen müssen, dass von den Bäumen auf ihren Grundstücken keine Gefahr für andere ausgeht, erklärte Walser. Was das konkret heißt, versuchte er an vielen Beispielen aus dem Arbeitsalltag zu zeigen. Beispielsweise solle man davon absehen, Baumkronen zu kappen, wenn etwa Anwohner nach mehr Licht verlangten. Weil die Bäume wieder Triebe ausbilden, werde so etwas schnell zum "Unterhaltungs-Dauerbrenner".

Walser rät dazu, regelmäßig den Zustand und die Gesundheit der Bäume zu überprüfen. Aber wie oft? Bei der Beantwortung dieser Frage sind selbst die Gerichtsurteile nicht eindeutig. "In angemessenen Abständen", sagt der Bundesgerichtshof. Angesichts solcher Ungenauigkeiten geht auch schon mal dem Experten der Hut hoch: "Da fragt man sich, was heißt das jetzt. Können die sich nicht mal praktisch ausdrücken?" Walsers Empfehlung lautet kurzum: zweimal jährlich, einmal mit Blättern, einmal ohne.

Aber damit hat es mit den Ungenauigkeiten noch kein Ende. Zwar darf nicht jeder Baumkontrollen machen, aber die Fromulierung "eine gewissenhafte Person mit ausreichender Fachkenntnis" lässt viel Raum für Interpretationen.

Kontrolleur mit Zertifikat

Glücklicherweise gibt es eine Baumkontrollrichtlinie, veröffentlicht von der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau, kurz FLL. Diese Gesellschaft veranstaltet auch Lehrgänge, in denen sich Bauhofmitarbeiter zum zertifizierten Baumkontrolleur weiterbilden können. "Dieser Lehrgang wird als Minimum vorausgesetzt", sagt Walser.

Dennoch hat auch die Verkehrssicherungspflicht an Bäumen ihre Grenzen. So etwa, wenn höhere Gewalt im Spiel ist. "Bei Sturm besteht keine Haftung, das gehört zum Lebensrisiko dazu", erklärte Walser.

Aber auch wenn gemäß dem Dichter Joachim Ringelnatz nur "sicher ist, dass nichts sicher ist", müssten die Verantwortlichen der Gemeinden einen Spagat schaffen: Zwischen dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und dem, was an Maßnahmen zur Sicherung zumutbar ist.


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