Ob Oberbürgermeister Thilo Retschler Steuererhöhungen zur Mitfinanzierung der vorgesehenen immensen Investitionen am Ende der Beratungen des Haushaltsplans für 2016 durchbringen wird, scheint fraglich. Am Donnerstag hat sich der Gemeinderat erstmals nach Einbringung des Etatentwurfs mit dem Zahlenwerk beschäftigt. Die Fraktionen und Gruppierungen haben es in ihren Haushaltsreden aus ihrer Sicht durchleuchtet.
Wie bekannt, kalkulieren Rentschler und Stadtkämmerin Daniela Faußner ab dem kommenden Jahr mit einer jeweils 20-prozentigen Erhöhung der Gewerbesteuer von 360 auf 380 und der Grundsteuer B von 370 auf 390 Hebesatz-Punkte. Der Etatentwurf sieht für 2016 Investitionen in Höhe von 28,4 Millionen Euro vor, fast acht Millionen mehr als in diesem Jahr. Die größten Brocken sollen dabei, wie auch in den Folgejahren, die Modernisierung der Schulen, der Wohnungsbau und die Stadtentwicklung, unter anderem mit dem Stadtoval und dem Kulturbahnhof, sein. Die Verschuldung der Stadt soll in den kommenden Jahren wieder steigen. Ende diesen Jahres wird sie 34 Millionen Euro betragen, für Ende 2016 sind rechnerisch 38,8 Millionen ausgewiesen. Ein neuer Höchststand ist für 2019 mit 59,7 Millionen Euro kalkuliert.
Mit all dem setzten sich die Sprecher der Fraktionen kritisch auseinander (siehe eigene Beiträge unten). Dabei lehnte etwa die CDU Steuererhöhungen kategorisch ab, während die SPD signalisierte, diese Pläne mitzutragen. Für die zweiköpfige Gruppierung FDP/Freie Wähler machte Friedrich Klein deutlich, dass man beide geplante Steuererhöhungen ablehne. Beim Kulturbahnhof forderte der den OB auf, bezüglich der wahren Kosten Rat und Öffentlichkeit endlich reinen Wein einzuschenken. Aus Gründen der baulichen wie finanziellen Machbarkeit forderte Klein, das Schulsanierungsprogramm von fünf auf acht Jahre zu strecken. Außerdem wolle man künftig jährlich 200 000 Euro im Haushalt haben zur Schaffung von wohnortnahen Begegnungsmöglichkeiten für ältere Mitbürger.
Einzel-Stadtrat Norbert Rehm (Aktive Bürger) ging Rentschler über weite Strecken mit spitzer Zunge und gehörigem Sarkasmus persönlich an, sprach vom Rathaus als einem "Ort des Schreckens" für die Mitarbeiter, hielt Steuererhöhungen für den falschen Ansatz und forderte am Ende die Umwandlung des Schubart-Literaturpreises in einen Schubart-Medien-Preis.